- „In der Bibel steht, auch der Papst ist ein Sünder!“
Wie würden Sie auf diesen Satz reagieren? Ist der Papst nicht heilig?
Wie kann man den Papst nur so beleidigen!
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- Doch Vorsicht: Solch ein Satz muß nicht böse
gemeint sein. Sicher, es gibt Menschen, die aufgrund der Bibel das
Papsttum als solches ablehnen. Auch ich weiß nicht, was Gott
letztendlich zum Papst sagen wird. Aber darum soll es hier nicht
gehen. Ich möchte an dieser Stelle Mißverständnisse aufzeigen, die
sich aus dem Lesen der Bibel ergeben können.
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- Im Römerbrief 3,23 sagt Paulus über die Christen: „Denn
es ist hier kein Unterschied: Sie sind allzumal Sünder und mangeln
des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten und werden ohne Verdienst
gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Jesus Christus
geschehen ist.“
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- Also, alle Menschen sind Sünder, auch Christen, auch
der Papst, denn alle brauchen Vergebung. Wer ein einziges Gebot Gottes
übertreten hat (und das haben wir alle schon, von kleinen Kindern mal
abgesehen) ist nach der Bibel ein Sünder.
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- Doch wie ist dann Lukas 7,36 - 39 zu verstehen? Dort
wird über Jesus erzählt:
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- „Es bat ihn aber der Pharisäer einer, daß er mit
ihm äße. Und er ging hinein in des Pharisäers Haus und setzte sich
zu Tisch. Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin.
Da die vernahm, daß er zu Tische saß in des Pharisäers Hause,
brachte sie ein Glas mit Salbe und trat hinein zu seinen Füßen und
weinte und fing an, seine Füße zu netzen mit Tränen und mit den
Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küßte seine Füße und salbte
sie mit Salbe. Da aber das der Pharisäer sah, der ihn geladen hatte,
sprach er bei sich selbst und sagte: „Wenn dieser ein Prophet wäre,
so wüßte er, wer und welch eine Frau das ist, die ihn anrührt; denn
sie ist eine Sünderin.““
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- Die Erzählung geht dann noch weiter, doch mir kommt
es hier darauf an, daß Sünder nicht gleich Sünder ist. Vor Gott
sind alle Menschen Sünder, doch manche ganz besonders, und
interessanterweise ist Jesus gerade zu denen gegangen, und nicht zu
den „Gerechten“ die meinten, daß sie keine Vergebung brauchten.
Das soll jetzt nicht heißen, daß wir kräftig sündigen sollen, um
in den Himmel zu kommen, sondern daß wir möglichst wenig Sünden
begehen, aber diese ehrlich bekennen sollen.
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- Genau das gleiche Problem gibt es mit den
„Heiligen“: „Wer sollte dich nicht fürchten, Herr, und
dienen Namen preisen? Denn Du allein bist heilig!“ singen die
Erlösten in Offenbarung 15,4. Und ein Kapitel weiter, in Offenbarung 16,6 heißt es: „Denn
sie haben das Blut der Heiligen und der Propheten vergossen, und Blut
hast Du ihnen zu trinken gegeben; sie sind’s wert.“
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- Man sieht also, daß man bei biblischen Diskussionen
schon aufpassen muß, um andere nicht unnötig zu verletzen. Aber auch
im persönlichen Glauben muß man manchmal acht geben:
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- „Du sollst deinen Vater und deine Mutter
ehren“ heißt es in den zehn Geboten
(2.Mose 20, 12).
- In Lukas 14, 26 sagt Jesus: „So jemand zu mir
kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder,
Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger
sein.“
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- Schon viele haben sicherlich mit dieser Stelle ihre
Probleme gehabt. Wieso soll man auf einmal seine gesamte
Verwandtschaft hassen? Was hat das noch mit Christentum zu tun?
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- Statt "hassen" könnte man eventuell auch
übersetzen:
„So jemand zu mir kommt und liebt mich nicht mehr als
seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu
sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein.“
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- Sicher ist das auch nicht einfach, und mir hat diese
Stelle auch schon zu schaffen gemacht. Doch ich wollte damit zeigen,
daß manche unklare Bibelstelle in einem anderen Licht erscheint, wenn
man sich mit ihr tiefgehender auseinandersetzt.
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- Martin Wagner, 25.8.2002
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- Ergänzung vom 18.11.2002: Mittlerweile hat mich eine
Freundin darauf aufmerksam gemacht, daß mit "Jünger" wohl
nur die historischen Jünger Jesu vor 2000 Jahren gemeint sind, und
nicht wir Christen heute.
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