- Was ist für
die Erlösung eines Menschen entscheidend – Glaube oder Werke? „Was
ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt
ihr mir getan“ sagt Jesus in der bekannten Erzählung vom
Weltgericht in Matthäus 25,40. „Der Gerechte wird aus Glauben
leben“ sagt Paulus in Römer 1,17. In östlichen Lehren von der
Reinkarnation muß man sein Karma wiedergutmachen indem man böse
Taten durch gute Werke ausgleicht. Was stimmt?
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- Stellen wir
uns vor, ein Mann sei total in seine Traumfrau verliebt und sie liebt
ihn auch. Als ein Freund ihre innigen Umarmungen und Liebkosungen
sieht fragt er ihn: „Ich habe gehört, dass man Steuervorteile hat,
wenn man verheiratet ist. Wie oft muß man eine Frau mindestens küssen,
damit sie einen heiratet? Und wie oft muß man dann mindestens mit ihr
schlafen, damit sie einen nicht verlässt?“
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- Was würden
Sie sagen? Ich vermute, der Verliebte antwortet: „Liebe kann man
sich nicht durch Küssen erkaufen – man bekommt sie geschenkt. Und
man kann dann „Ja“ oder „Nein“ sagen. Wenn Dein „Ja“ aber
nicht ehrlich ist, dann wird Deine Beziehung rasch vorbeigehen. Dann
ist es besser für Dich, erst mal auf Liebe zu verzichten, vielleicht
kommt dieses Bedürfnis bei Dir ja noch. Die Sache mit den
Steuervorteilen solltest Du am besten vergessen!“
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- Als
Gymnasiast und Student habe ich um eine Zeit an Karma und Wiedergeburt
geglaubt. Ich glaubte, dass man böse Taten durch gute Taten
ausgleichen müsse oder erlebtes Glück durch erlebtes Leid. Ich fand
das logisch, da ja in der Physik (fast) alles symmetrisch ist, z.B.
Energieerhaltungssatz, Impulserhaltungssatz usw. Glücklich war ich
damit jedoch nicht. Ich dachte, wenn ich ein Wonnegefühl beim warmen
Duschen habe müsste ich mich genauso lang kalt duschen, um das
wiedergutzumachen. Wenn ich mit meiner Frau schlafen würde, wonach
ich mich damals sehr sehnte, dann würde ich dafür später oder in
einem anderen Leben schlimmes Leid erfahren, Folter, Vergewaltigung
oder so. Und ich dachte sogar, dass ich, wenn ich z.B. einen
Autounfall mit Schwerverletzten oder Toten verursachen würde, ich
dies durch Forschungen auf dem Gebiet der Sonnenenergie wieder
gutmachen könnte und müßte, wenn ich die Umwelt schütze. Heute
arbeite ich auf diesem Gebiet, jedoch bin ich Gott sei Dank (und das
meine ich wörtlich) völlig von dem Karmagedanken abgekommen sondern
tue es aus Überzeugung, ohne Schuldkomplexe und –Zwänge (ich hatte
auch noch keinen nennenswerten Autounfall und habe das Autofahren
mittlerweile aufgegeben, aber das ist von meiner Berufsmotivation
unabhängig!).
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- Trotzdem
bin ich jemand, der voller Begeisterung mit seinem Hobby, der
Astrofotografie, Spenden einsammelt. Manch einer denkt vielleicht:
„Ja, er will ja in den Himmel“. Das ist zwar richtig, und dich
glaube auch, dass ich da mal hinkomme. Allerdings nicht, weil ich mir
ihn mit meinen Spenden verdiene (wie soll das auch gehen?) sondern
weil ich zu Jesus Christus gebetet habe, dass er mein Erlöser ist und
mein Leben nach seinem Willen lenkt – auch wenn ich ihn nur
ansatzweise erfüllen kann. Auch wenn es unendlich fest stünde, dass
und wie sehr ich in den Himmel komme, würde ich weiterhin spenden und
mich engagieren, aus Überzeugung und Idealismus. So sieht es auch
Martin Luther: Wir werden durch die Gnade Gottes selig, und aus Liebe
tun wir Gutes, nicht aus Rechtfertigung.
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- Was ist
aber nun, wenn ein Mensch an Jesus glaubt und gar nichts tut? Jesus
sagt dazu einiges (Matthäus 25, 14-30), zusammengefaßt: Ein Herr
gibt seinen Knechten Geld mit, um damit zu wirtschaften. Der eine erhält
viel (5 Zentner), der andere weniger (2 Zentner) und der ganz wenig (1
Zentner). Nach einiger Zeit kommt der Herr wieder und fordert
Rechenschaft. Der mit den 5 Zentnern hat 5 dazugewonnen, der mit den
zweien 2. Der mit dem einen jedoch hatte sein Geld vergraben und
bringt es zurück. Darauf wird der Herr zornig und wirft den unnützen
Knecht „in die Finsternis“. Er hätte das Geld zumindest mit
Zinsen anlegen sollen!
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- An anderer
Stelle sagt Jesus: „Denn welchem viel gegeben ist, bei dem wird man
viel suchen, und welchem viel anbefohlen ist, von dem wird man viel
fordern.“ (Lukas 12, 47).
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- Wir können
und müssen uns die Gnade Gottes nicht verdienen – aber wir können
sie verspielen.
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- Doch was
sollen wir nun tun? Wenn ein Mensch den Willen hat, etwas für Gott zu
tun, dann gibt es viele Möglichkeiten: im Alltag ein liebevoller und
hilfsbereiter Mensch sein, eine liebevolle Mutter oder ein liebevoller
Vater sein, soziales oder kirchliches Engagement, einen sozialen oder
sonstigen Beruf wählen, zu dem man sich berufen fühlt, spenden, für
andere beten, anderen von Jesus erzählen (das ist mit äußerst viel
Verantwortung verbunden und man kann sehr leicht viel Porzellan
zerschlagen), Pfarrer werden (noch mehr Verantwortung + Porzellan!)
– einfach, Menschen in leiblicher und seelischer Not beistehen.
Mutter Theresa hat einem Journalisten mal auf diese Frage geantwortet:
„Look for your Kalkutta!“ – Suche nach der Bestimmung, die Dir
Gott zeigt!
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- Ich habe
mich in meiner Studienzeit immer mal wieder gefragt, ob ich nicht
Pfarrer statt Physiker werden solle oder gar ins Kloster gehe, und da
bekam ich in einer Predigt die richtige Antwort. Gott hat jedem (von
Schwerstbehinderten einmal abgesehen) eine oder mehrere Gaben
mitgegeben (1. Korinter 12, 3-8). Und dann sagte der Pfarrer: „Jeder
soll Gott mit seiner Gabe dienen, und liebe Gemeinde, nehmen Sie mir
das bitte mit: Nicht mit der Gabe des anderen!“ Da war
mir klar: Ich werde Physiker, und das bin ich jetzt auch, und das ist
auch gut so! Pfarrer sein wäre sicher nicht das richtige für mich
gewesen, und Mönch sein wäre für mich wohl eine ziemliche
Katastrophe! Oder welcher Mönch darf sein Spiegelteleskop mit ins
Kloster nehmen, nachts die Sterne fotografieren und bis um 15:00
ausschlafen? Und auch sonst wäre ein Kloster eher einengend für
mich, und man verdient auch nicht ganz so viel... Und Streit soll es
auch in Klostern geben, was ich gar nicht mag!
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- Wenn mich
nun jedoch ein alter Mensch auf dem Sterbebett fragen würde, was er
denn tun solle, um selig zu werden, so würde ich ihm antworten:
„Beten Sie zu Jesus, dass er ihr Erlöser ist, und bekennen Sie ihm
die schlimmsten Ihrer Sünden (alle Sünden können wir gar
nicht bekennen!). Haben Sie keine Angst, dass er Sie bestraft, wenn
sie die Sünden bekennen – er kennt sie nämlich schon alle! Das
Bekennen dient nicht dazu, Jesus etwas Neues mitzuteilen, sondern
dazu, dass Sie selber Ihre Schuld vor Gott eingestehen. Jesus erwartet
von Ihnen jetzt keine guten Werke mehr, da sie jetzt nichts mehr tun können,
nehmen Sie seine Gnade an. Aber: Ihr Gebet ist nur dann aufrichtig,
dass, wenn Sie wieder gesund würden, sich wirklich etwas in Ihrem
Leben für Gott ändern würde! Wenn Sie trotzdem etwas tun wollen,
dann beten Sie für Menschen, die Ihnen am Herzen liegen, Verwandte,
Freunde, Bekannte, oder auch Menschen, an denen Sie Schuld haben! Als
Jesus gekreuzigt wurde starben zwei Mörder neben ihm (Matthäus
27,38). Einer bat Jesus um Vergebung, und Jesus sagte ihm: „Wahrlich,
ich sage dir: Heute wirst Du mit mir im Paradiese sein.“ (Lukas
23, 43).
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- Aber: Es
gibt auch den Satz „Gott lässt sich nicht spotten.“ (Galather
6,7). Wenn ein Mensch sein ganzes Leben konsequent gegen Gott handelt
und sich immer wieder gegen Gott entscheidet, dann kann es sein, dass
er eines Tages keine Möglichkeit zur Reue mehr hat. Es ist ein gefährlicher
Irrglaube, wenn man denkt, man könne ein Leben lang in Egoismus oder
gar Haß leben und sich dann kurz vor seinem Tod bekehren. Ich habe
lange gekämpft, um zu Jesus ein tiefes „Ja“ sagen zu können, und
wenn ich dies auf dem Sterbebett hätte tun müssen, wäre ich
vielleicht vorher gestorben. Und wir wissen nicht, wann wir sterben,
es kann schon heute bei einem Autounfall sein. Ein lateinischer Spruch
sagt: „Mors certa, hora incerta“ – Der Tod ist gewiß, die
Stunde ist ungewiß.
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- Es gibt
allerdings auch Sprüche, zu denen ich ein sehr zwiespältiges Verhältnis
habe: „Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn“ oder „Entweder
sei ganz Sein (Jesus) oder laß es ganz sein“.
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- Ich
behaupte, einen wirklich ganzen Christen gibt es nicht, wir sind alle
unvollkommen. Jeder hat Fehler, auch Mutter Theresa, Bonhoeffer,
Luther oder alle möglichen Pfarrer, Bischöfe und Päpste. Wir sind
eben alle Sünder, sonst bräuchten wir ja keine Vergebung. Und wir müssen
nicht alle eine Mutter Theresa oder ein Dietrich Bonhoeffer sein, um
selig zu werden. Aber wir sollten in Jesus Christus ein festes
Fundament haben, auf das wir bauen können (1. Korinther 3, 11-15). Wir
können dann Jesus in schwierigen Situationen um Hilfe bitten (auch
wenn wir sie nicht immer erhalten), wir können ihn um Vergebung von
Schuld bitten, wir dürfen ihm danken, wenn es uns gut geht, und wir dürfen
mit ihm die ewige Seligkeit erleben.
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- Martin
Wagner, 18.1 + 24.3.2004
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