Glaube und Ethik - wo ist der Unterschied?

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Immer wieder wird das Wort von unserer "christlich abendländischen Kultur" ausgesprochen. Oft geschieht dies im Zusammenhang mit Menschenrechten, aber auch in Fragen der Gentechnik, wenn betont wird, daß bei uns gesetzliche Auflagen aufgrund unserer christlichen Wurzeln strenger sind als beispielsweise in Japan. Andererseits stellt sich auch oft die Frage, ob ein Vorgehen "ethisch verantwortbar" ist. Scheinbar sind Glaube und Ethik etwas sehr ähnliches. Geht man aber ins Detail, so sieht man oft erhebliche Unterschiede.
 
In der Bibel sind uns die Zehn Gebote mitgegeben, zum Beispiel "Du sollst nicht töten", "Du sollst nicht stehlen", "Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten" usw. Dem würden wir wohl alle zustimmen, obwohl sicher diese Gebote ausgelegt werden müssen. Darf man beispielsweise zur Selbstverteidigung töten, im Krieg, oder Tiere, wenn man Fleisch ist? Und wie ist es mit der Todesstrafe?
Manche dieser Fragen werden durch den biblischen Zusammenhang geklärt (Jesus hat Fleisch gegessen und es nie verboten). Aber ich bin sicher, daß Jesus die Massentierhaltung unter un-"menschlichen" Bedingungen verurteilt. Bei anderen Fragen kann man sich streiten, da es Bibelstellen gibt, die in die eine oder in die andere Richtung weisen. Beispielsweise stellt Jesus dem alttestamentlichen "Aug' um Auge, Zahn um Zahn" das Gebot der Feindesliebe entgegen, und er sagt zu denen, die eine "auf frischer Tat" ertappte Ehebrecherin (wo war der Mann?) steinigen wollen "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein". Ungeachtet dessen befürworten in den USA viele christliche Fernsehprediger die Todesstrafe.
Trotzdem kann man sagen, daß die Gebote der Bibel im Prinzip seit Jahrtausenden unverändert geblieben sind. "Du sollst nicht stehlen" verstehen wir heute genauso wie die Menschen damals. Doch wie ist es mit der Ethik?
 
Bei jeder neuen Entwicklung, sei es nun Kernenergie, Gentechnik, Klonen, Sterbehilfe usw. wird die Frage nach der "ethischen Verantwortbarkeit" heiß diskutiert. Eine Sache, die gestern noch undenkbar war, ist heute wissenschaftlich möglich, darf aber "niemals" Realität werden, morgen macht man erste Versuche und übermorgen ist sie völlig normal. Ein Vergleich aus der Vergangenheit ist die Antibabypille, ein Vergleich aus der Gegenwart das Klonen, und ein Vergleich aus der Zukunft könnte das Einpflanzen von Computerchips in das menschliche Gehirn sein, um die Intelligenz zu steigern. Ein anderes Beispiel sind Wissenschaftler, die ernsthaft daran forschen, das menschliche Leben durch einen Eingriff in die Gene auf 400Jahre zu verlängern.
Sind die biblischen Gebote im Prinzip unveränderlich, so verschiebt die Ethik immer mehr die Grenzen. Zunächst wird eine neue Entwicklung nahezu einstimmig abgelehnt ("Den geklonten Menschen darf es nie geben"), dann werden Nischen entdeckt, wo eine Anwendung angeblich ethisch in Frage kommt (therapeutisches Klonen, also das Züchten und Verwenden von Embryos zur Behandlung von Krankheiten anderer), dann wird in irgendeinem Land mit laxeren Bestimmungen das Verfahren das erste Mal angewendet und schließlich zieht man selber nach, um den Anschluß nicht zu verlieren. 
Genauso, wie eine Exhumierung von Leichen, die für uns völlig normal ist, im Mittelalter ein schweres Verbrechen war, werden Entwicklungen, die heute als absoluter Horror gelten, in einigen Jahrzehnten völlig normal sein. Und es wird sicher immer wieder Ethiker geben, die diese Entwicklungen moralisch rechtfertigen.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich bin keineswegs fortschrittsfeindlich (sonst hätte ich als Physiker wohl den falschen Beruf ergriffen), sondern ich wende mich gegen widernatürliche und moralisch verwerfliche Techniken oder Verhaltensweisen (z.B. Züchtung gentechnisch veränderter Organismen oder implantierbare Chips), die nur scheinbar dem Menschen dienen, ihn aber in Wirklichkeit entwürdigen.
Ich möchte noch ein Beispiel bringen: In der Bibel steht "Du sollst den Feiertag heiligen". Genauso, wie vor 2000 Jahren die Pharisäer dieses Gebot überinterpretiert und mißverstanden haben, treten wir es heute immer wieder mit Füßen. Es ist vielleicht bequem, am Sonntag um 22.00 etwas einzukaufen, aber wer denkt dabei an die Verkäuferinnen, die viel lieber bei ihrer Familie wären? Und an die Kinder, die immer mehr sich selbst überlassen sind und für die der Fernseher und der Computer zur Ersatzmutter wird? Wir dürfen uns dann nicht wundern, daß die Gewalt an Schulen immer mehr zunimmt und wir eines Tages amerikanische Verhältnisse haben! Gott hat uns seine Gebote nicht gegeben, um uns zu versklaven, sondern um uns vor uns selbst und vor anderen zu schützen.
 
Ich bin gewiß kein Fundamentalist, der peinlich genau darauf achtet, alle Gebote genauestens zu erfüllen. Einige meiner Astronomiefotos sind beispielsweise auch an einem Sonntag entstanden, weil gerade etwas interessantes am Sternenhimmel zu fotografieren war, und ich bin auch kein fleißiger Kirchgänger. Ich warne aber sehr davor, die Bibel in die Rumpelkammer zu stellen, da wir uns sonst immer mehr von unseren christlichen Wurzeln lösen und keinen Halt haben, der uns in einer mehr und mehr technisierten Welt Leitlinien setzt und Sicherheit gibt.

 

Martin Wagner, letzte Änderung 16.1.2016

 

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